Wisst ihr eigentlich, wie lieb ich euch hab?
- Ina Luzia
- 30. Nov. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Juni 2023
Heute vor genau einem Jahr, krempelten zwei Stunden mein Leben von links auf rechts. Es war der Tag meiner Operation. Und weil dieser Tag ein Meilenstein in meinem Leben ist, möchte ich heute über zwei ganz besondere Menschen schreiben, die mich auf meiner Reise immer begleiten. Ich habe mich lange davor gedrückt, über Mama und Papa zu schreiben, denn ich glaube, dass das eigentlich auch gar nicht möglich ist. Wie soll man 23 Jahre Liebe und Dankbarkeit in Worte fassen? Vor dieser Fragen standen schließlich auch schon der kleine und der große Hase…Ich kann Euch unendlich viele tolle Geschichten von meinen Eltern erzählen. Wie meine Mama mich Nachts ins Krankenhaus fuhr, weil ich wieder Schmerzen hatte. Wie sie mich zu allen Terminen begleitete, obwohl sie aufgrund strenger Corona-Ordnungen meist im Kalten warten musste. Wie sie vor stationären Aufenthalten das beste Ina-Lunchpaket zusammenstellte. Wie sie mich vor Ärzten verteidigte, mir Telefonate mit ihnen ersparte und all das organisierte, was unser Gesundheitssystem an Bürokratie bereit hält. Wir hörten oft gemeinsam bei Arztgesprächen zu und besprachen es im Anschluss zusammen mit Papa. Ärzte sind eben auch nicht allwissend. Oft gaben sie mir Empfehlungen und ich sollte entscheiden, was das Richtige für mich sein könnte. Abgesehen davon, dass man irgendwann psychisch und körperlich am Ende seiner Kräfte ist, kann man solche Entscheidungen auch bei voller Gesundheit nie zu 100% richtig treffen. Eigentlich ist es eher eine 50 zu 50 Chance, die durch Abwägen und Bauchgefühl getroffen wird. Deshalb ist es von großem Vorteil Eltern zu haben, die einem schwere Entscheidungen abnehmen oder zumindest erleichtern. Was dabei oft vergessen wird ist, dass man Tage lang das ganze Internet durchforstet, sich Gedanken über die Folgen macht und an nichts anderes mehr denken kann. Also redet man auch nur noch über Diagnosen, Ärzte, Medikamente und und und. Nicht gerade das schönste Thema für eine Familie...Trotzdem gelingt es meinem Papa mich, egal in welcher Lebenslage ich mich gerade befinde, aufzumuntern. Entweder durch eine Umarmung und einen Motivationsspruch, wie "Ich weiß doch, wie schwer das alles ist, aber es wird besser werden, da bin ich mir sicher." oder durch einen Tag auf der Couch mit einer guten Serie. Mein Papa ist ein echter Experte in Sachen: die richtigen Worte zu finden. Denn oft ist es ein Drahtseilakt, den meine Eltern beschreiten müssen, um nicht runterzufallen. Jeden Abend vor einer Untersuchung kam mein Papa in mein Zimmer, wünschte mir viel Glück und rief mich nach jeder Termin an. Wenn ich eine neue Diagnose bekam oder mir die Ärzte mal wieder überhaupt nichts neues sagen konnten, dann fragte er immer: "Und wie fühlst du dich jetzt damit? Sollen wir später darüber reden?" Bei Magenkrämpfen, bei denen es mir gelingt keine Panikattacke zu bekommen, fokussiert er auf das Positive und zwar, dass ich eben trotz Schmerz nicht in Panik verfallen bin. In all meinen Entscheidungen unterstützt er mich und macht mir Mut, dass ich alles schaffen kann. Etwas positives aus einer chronischen Erkrankung zu ziehen, die einem wieder und wieder den Boden unter den Füßen wegreist ist leichter gesagt als getan. Wofür ich aber trotz allem unglaublich dankbar bin, ist der Zusammenhalt unserer Familie. Uns könnte nichts auf dieser Welt je auseinander reißen. Ich glaube jeder, der so behütet aufgewachsen ist wie mein Bruder und ich, könnte mehr oder weniger das gleiche über seine Eltern sagen. Das was meine Eltern aber so besonders macht, ist natürlich zu aller erst, dass sie MEINE Eltern sind. Aber auch, dass sie lernen mussten, wie man mit einem chronisch kranken Kind umgeht und mit all dem Ballast, den ein Bauchmonster so mit sich bringt. Ich weiß, wie kompliziert ich dadurch geworden bin und wie sehr es mir selbst im Weg stehen kann. Doch trotz allem machen Mama und Papa mir mein Leben so einfach wie möglich, indem sie immer versuchen mich zu verstehen. Indem ich eben nicht tausend mal wiederholen muss, warum ich dieses oder jenes gerade nicht essen, trinken oder tun kann. Indem sie meinen Rhythmus über ihren stellen und alles erdenklich für mich tun. Mich sogar zwischen ihnen schlafen lassen, wenn ich wegen Nebenwirkungen vor Kälte schwitze. Mein Bauchmonster hat mich zwar dazu gezwungen im Geiste schneller Erwachsen zu werden, aber in vielen Situationen fühlte ich mich doch eher wie ein kleines Kind. So oder so, egal wie alt ich bin, Mama und Papa sind immer da und werden immer Mama und Papa bleiben. "Bis zum Mond und zurück, so sehr hab ich euch lieb", beschreibt es doch ganz gut, wie ich finde. Die Entfernung bis zum Mond und zurück lässt sich schließlich genau so wenig greifen, wie Liebe.

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