Wellen
- Ina Luzia
- 31. Aug. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Juni 2023
„It comes and goes in waves“. Wie Dean Lewis schon singt, ist es mit chronischen Erkrankungen ein ständiges auf und ab. Seit dem mich die Heilpraktikerin behandelt und ich mich im Urlaub so richtig erholen konnte, geht es mir das erste mal seit der Operation wieder gut. Ich habe zugenommen, den Spaß am Essen und Shoppen wiederentdeckt und fühle mich so langsam wohl in meiner Haut. Es war die Zeit gekommen, all das Verpasste aufzuholen, dachte ich. Also plante ich zu meiner besten Freundin nach München zu fliegen, in den Surfurlaub zu fahren und mein Zimmer umzugestalten. Am Tag der Anreise in München wurde mir allerdings schnell klar, dass mir mein Bauchmonster einen Strich durch die Rechnung machen würde. Der frühe Flug, die fremde Stadt und der Verlust meiner Alltagsroutine waren schon zu viel des Guten. Ende der Geschichte war, dass ich am gleichen Abend mit einer Wärmflasche in Annikas Bett lag und sich in meinem Kopf das Worst-Case-Szenario manifestierte. Zum Glück kennen sich beste Freunde in und auswendig. Ich glaube genau diese Sicherheit, verstanden zu werden, hat dazu beigetragen, dass es mir an den darauffolgenden Tagen besser ging. Als ich wieder Zuhause war musste ich oft an die Worte meiner ehemaligen Therapeutin denken: "Ina, du musst lernen auf dich aufzupassen." Und genau das nahm ich mir noch in der gleichen Woche zu Herzen. Ich kündigte den Job, der mir nie Spaß gemacht und mich obendrein noch gestresst hatte. Ich fühlte mich unglaublich befreit. Als hätte mir jemand einen Stein vom Körper genommen. Seit Katharina aufgrund der Flutkatastrophe in Arbeit für die FN versinkt, darf ich mich um ihr vierjähriges Pferd kümmern. Ich bin sehr froh, dass ich nun eine schöne Aufgabe habe und nicht mehr mit Bauchschmerzen zur Arbeit muss. Glücklicherweise steht Soulmate in einem anderen Stall, sodass mir der Weg an Pepitas alter Box vorbei erspart blieb. Als ich gerade zurück in meine Alltagsroutine fand, sollte es dann auch schon los in den Surfurlaub nach Frankreich gehen. In den letzten Jahren, war die Vorstellung mit Freunden in den Urlaub zu fahren so unrealistisch, dass ich große Angst davor bekam. Noch bis kurz vor der Abreise wollte ich den Urlaub absagen. Ich befürchtete, dass ich mir dadurch meine Erholung aus Kroatien kaputt machen könnte. Aber ich wollte auch unbedingt meine Komfortzone verlassen, um einem normaleren Leben etwas näher zu kommen. Nach einer 18 stündigen Autofahrt, dem Aufbau der Zelte und das Erkunden des Campingplatzes fiel ich auf meiner Luftmatratze direkt in den Schlaf. Am nächsten Morgen bastelte ich mir eine kleine Morgenroutine zusammen, sodass ich an keinem Tag des Urlaubs mit Verstopfungen zu kämpfen hatte. Ich konnte sogar meine Angst vor den Wellen besiegen und entdeckte den Spaß am Surfen für mich. Zu Anfang dachte ich, dass mein Bauch durch das Liegen und Paddeln auf dem harten Surfbrett weh tun könnte. Doch durch den Neopren-Anzug war ich optimal geschützt. Langes Liegen inklusive Paddeln war zwar etwas unangenehm, aber Stehen ist ja irgendwann das Ziel. Eigentlich war alles super: tolle Leute, entspanntes Leben in den Tag hinein und keine Probleme mit dem Kochen. Aber irgendwas störte mich scheinbar so sehr, dass ich nach drei Tagen Bauchschmerzen bekam und mir Essen zunehmend schwerer fiel. Beim runterschlucken der Tabletten, hatte ich das Gefühl, sie würden mir im Hals stecken bleiben. Mein Bauch fühlte sich geblähter an als sonst und mein Magen schien zu streiken. An einem Abend war mir sogar so übel, dass ich das Zelt verließ und dachte, ich müsste mich übergeben. Alles begann an dem Tag, an dem meine Tablettendose in dem Dunstwasser der Kühlbox ertrank. Über die Jahre lernt man dazu, also hatte ich glücklicherweise Ersatzmedikamente dabei. Aber vielleicht war diese Aufregung trotzdem der Auslöser für das Erwachen meines Bauchmonsters. Was ich bewusst als störend auf dem Campingplatz empfunden habe, war der weite Weg zu den Toiletten; die Gemeinschaftsduschen, die meistens belegt und in Folge der kleinen Warmwassertanks meist kalt waren und das ständige räumen nach den Sachen, die man dringend brauchte. Ich arrangierte mich zwar so gut es ging und es gab nicht einen Tag an dem ich keinen Spaß gehabt hätte. Und doch ließ mich das Gefühl nicht los nach Hause zu wollen. Der Tag des Rückflugs hat mir dann den Rest gegeben. Ich schaffte es so gerade zu frühstücken und fühlte mich auch noch total satt, als mich meine Mama gegen 20 Uhr am Flughafen in Deutschland abholte. Es ging mir auch die Tage danach nicht besser, eher schlechter. Zum Glück hatte ich schon bald einen Termin bei meiner Heilpraktikerin, die mir schon während des Urlaubs Tipps zur Beruhigung gegeben hatte. Nach zwei einhalb Stunden bestätigte sie mir das, was ich zuvor gefühlt hatte. Meine Pylorus-Krämpfe sind zurück. Das bedeutet, dass mein Magenpförtner krampft, sich verschließt und weder Nahrung noch Flüssigkeit in den Darm lässt. Der Darm hat zu wenig Arbeit und wird träge. Also eigentlich fühlt es sich so an, als würde der Darm erschlaffen und in Folge dessen einen dicken Luftballon-Bauch verursachen. Die Schulmediziner hätten vermutlich nun 11 Hundert Argumente, warum das nicht korrekt sein kann. Aber genau das fühle ich und ich finde: Das ist es was zählt. Genau das ist es auch, was den Ärzten in den Krankenhäusern oft entgeht. Und zwar der Patient als fühlender individueller Mensch. Meine Heilpraktikerin versuchte dem Auslöser der Krämpfe mit Hilfe einer Körperreise auf den Grund zu gehen. Es muss etwas mit Stress zu tun haben, denn sonst würde es mir in Kroatien nicht jedes Jahr so gut gehen. Ich schloss meine Augen und stand gedanklich in meinem Magen genau vor meinem Bauchmonster. Eine blaue Tür, hinter der ein Lila gefärbtes Monster saß, versperrte mir den Weg. Als die Heilpraktikerin den Surfurlaub erwähnte, kamen mir bei geschlossenen Augen die Tränen. Irgendetwas triggerte mich in Frankreich und verfolgt mich bis heute. Aber kann dieser Urlaub der einzige Grund für die Krämpfe sein? Ich fürchte, dass schon die kleinste Veränderung oder Ungewissheit im Alltag den Stress in mir triggern kann. Ohne, dass ich mir darüber bewusst wäre. Ich hatte ja erzählt, dass ich mein Zimmer renovieren möchte. Am Abend, an dem die neuen Möbel dann endlich aufgebaut waren, überkam mich ein wohltuendes Gefühl. Seit dem bessern sich so langsam meine Symptome. Diese unterbewusste Nervosität, ist wohl auch der Grund für meine wiederkehrende Müdigkeit. Es fühlt sich wieder so an, als würde das Leben an mir vorbei rauschen. Meine Heilpraktikerin gab mir deshalb ein bestimmtes Wasser zu trinken. Es schmeckte total versalzen und ein wenig nach Fisch. Das ist wohl ein Zeichen für eine Übersäuerung im Körper. Die Zellen verschließen sich, um die Säure zu binden und in Folge dessen, können die Zellen keine guten Nährstoffe mehr aufnehmen. Die blaue Flasche bekam ich also mit nach Hause. Spätestens wenn die Flasche leer ist, sollte das Wasser wieder nach Wasser schmecken. Ich bin guter Dinge und hoffe, dass mir die Heilpraktikerin, mit Hilfe der alternativen Medikamente und den Körperreisen, bei meiner Stressbewältigung helfen kann. Denn das Leben besteht nun mal aus Veränderungen, Ungewissem und Herausforderungen. Ich bin zwar chronisch krank, was oft von mir selbst und anderen vergessen wird, aber das Leben macht für mich ja keine Pause. Nichts desto trotz, habe ich nun wieder viel über mein Bauchmonster lernen können. Meine Magenkrämpfe und der daraus resultierende geblähte Darm, fühlen sich an wie eine Fehlbesiedlung. So langsam wird es aber durch die alternative Medizin und Darmflora aufbauenden Mitteln besser, also der komplette Kontrast zu dem Antibiotika von damals. Da liegt die Vermutung doch nahe, dass ich nie an einer Fehlbesiedlung gelitten hatte. Warum also arbeiten Schulmediziner und Heilpraktiker nicht Hand in Hand? Dadurch hätten die Behandlungsfehler mit Sicherheit verhindert werden können und vielleicht wäre die ganze Erkrankung gar nicht so schwer verlaufen.

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