Reminder: „Ich bin noch da!“
- Ina Luzia
- 16. Nov. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Juni 2023
„Ina sag mal, bist du jetzt durch die Operation geheilt?“ Diese Frage wurde mir in letzter Zeit immer öfter gestellt. Deshalb möchte ich sie hier einmal für euch beantworten. Der Weg nach der Operation war einer der schwersten und anstrengendsten, den ich bisher gehen musste. Von den Schmerzen mal abgesehen, war ich ein 3/4 Jahr abhängig von Abführmitteln, die zum Ende hin kaum noch geholfen haben. Meine Prognose lautete: künstlicher Darmausgang. Wie sollte es mit dem Wissen im Hinterkopf je besser werden? Meine Rettung war wie ihr wisst eine Heilpraktikerin, die mich mit chinesischer Medizin, Entgiftungskuren und Aufbau der Darmflora wieder einigermaßen auf Vordermann brachte. Zu allem Übel musste ich zu der Zeit meine Therapeutin wechseln, was sich so schwierig gestaltete, dass ich von einer Therapie absah und mir als Ziel für mein Psychologie Studium, hinter die Ohren schrieb: Ich werde eine bessere Therapeutin sein. Meine Operation, also der Einsatz einer Prothese, die die Engstelle am Zwölffingerdarm und der linken Nierenvene beheben konnte, hat ein Loch eines großen Flickenteppichs gestopft. Dank der Operation habe ich nicht mehr jeden Tag das Gefühl, dass mir ein voller Magen die Luft zum atmen nimmt. Ich bin mir nun auch relativ sicher, dass die Diagnose „Fehlbesiedlung des Dünndarms“ nicht zutreffend war und nehme deshalb seit fast einem Jahr keine Antibiotika mehr ein. Bei den Diagnosen neurogene Darmlähmung und Pylorusstenose sieht es aber leider anders aus. Diese wurden mit vielen Untersuchungen belegt und sind vermutlich auch eine der Ursachen für die Kompressionssyndrome. Mein Bauchmonster platz also doch noch hin und wieder zu meiner Tür hinein und schreit: „Ina, ich bin noch da!“ Das sind die Tage, an denen ich unter vollem Magen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Blähbauch und Verstopfung leide. Es fühlt sich an, als hätte ich eine Fehlbesiedlung, doch in Wirklichkeit glaube ich, sind es die Pyloruskrämpfe, die den Stein ins rollen bringen. Vielleicht ist das mit dem rollenden bzw. nicht rollenden Stein gar keine schlechte Veranschaulichung. Vor der Operation stoppte der Stein entweder an der Engstelle des Zwölffingerdarms oder an dem zugekrampften Magenpförtner. Der Darm schaltet in Folge dessen in den Ruhemodus. Heute, nach der Operation, kann der Stein im Regelfall durch den Magen, in den Zwölffingerdarm und durch den gesamten Darm rollen. Voraussetzung dafür ist, dass ich keine Magenpförtnerkrämpfe habe. Denn diese schaffen es, mir schon vor dem Aufstehen ein so unwohles Gefühl zu geben, dass ich am liebsten im Bett liegen bleiben würde. Die Tage, an denen es mir so schlecht geht, wie vor der Operation, werden weniger. Aber sie bleiben. Sie kommen mal stärker und länger anhaltend, mal schwächer für kürzere Zeit. Besonders empfindlich reagiert mein Körper auf kleinste Veränderungen in meinen Alltagsroutinen. Es reicht schon ein Tag mit Freunden in der Stadt, um meinen Rhythmus aus dem Tankt zu bringen. Meist zwei Tage vor einem „Ereignis“ kündigt sich mein Bauchmonster an, klopft an meine Tür und begleitet mich Tag wie Nacht. Manchmal, wenn ich Glück habe, ist es so schnell wieder weg, wie es gekommen ist. Aber es gibt auch Phasen, da bleibt es hartnäckig bei mir. Dann falle ich in alte Gedankengänge zurück und bekomme panische Angst. „Es geht wieder von vorne los; Ich werde nie ein [normales] Leben führen können; Der Kampf war umsonst;…“ Zum Glück habe ich eine Familie, die mich versucht zu verstehen und mich immer auffängt wenn ich mal wieder falle. Ich kann mir kaum vorstellen, wie schwer es für meine Eltern seien mag, sich in mich hineinzudenken, ohne das zu fühlen, was ich empfinde. Aber trotz dieser Herausforderung, gelingt es ihnen immer wieder, mir das bestmögliche Gefühl in jeder Situation zu geben. Also, bin ich geheilt? Leider nein, denn Medikamente muss ich trotzdem nehmen und mein Bauchmonster erinnert mich immer mal wieder daran, dass es zwar schwächer geworden, aber noch da ist. Trotzdem kann ich mein Leben dank der Operation immer öfter genießen, lache sehr viel mehr als früher, unternehme mehr, fühle mich insgesamt zufriedener und freue mich auf die Zukunft.

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