Reden
- Ina Luzia
- 22. Nov. 2020
- 2 Min. Lesezeit
"Man kann nicht nicht kommunizieren." Wer kennt es nicht, das Kommunikationsmodell von Paul Watzlawick? Es stimmt schon, man kommuniziert auf die unterschiedlichsten Arten und sogar unterbewusst. Trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass man viel zu wenig über die Dinge spricht, die von wirklicher Bedeutung sind. Wie zum Beispiel unsere Gedanken und Gefühle. Aber bevor man darüber überhaupt sprechen kann, muss man sich erst selbst verstehen. Ich habe lange gebraucht, in mich hineinzublicken und zu erkennen, warum andere mich nicht so sehen wie ich mich fühle. An dem Tag, an dem die ersten Befunde da waren, erwachten die Ärzte plötzlich aus ihrem Dornröschenschlaf. Derweil hatte ich mir aber schon eingeredet, dass ich nicht krank sei. Und dann kommt auf einmal der Schlag ins Gesicht. Der Körper weiß, dass er krank ist, er wusste es eigentlich schon immer. Aber der Kopf kommt nicht mehr mit. Plötzlich denkt der Kopf er wäre das Problem. Meine Therapeutin hat mir meine Erkrankung recht simpel erklärt. Mein Körper kämpft gegen meine Grunderkrankung, ein loderndes Feuer. Mit dem Qualm, der daraus resultiert, muss mein Kopf lernen umzugehen. Erst als mein Körper die weiße Fahne gehisst hat, konnte mein Kopf verstehen. Auch wenn ich langsam verstand, dass ich meinen Panzer ablegen musste, fiel es mir schwer darüber zu reden. Ich habe manchmal Monate gebraucht, um Dinge vor mir selbst laut aussprechen zu können. Aber seit dem ich mit meinen Eltern all meine Gedanken und Gefühle teilen kann, wird der Qualm weniger. Anders herum haben auch meine Eltern gelernt, dass Reden so viel mehr beinhaltet, als nur Worte. "Ich freue mich so, wenn ich ein kleines Lächeln von dir erhaschen kann!", sagte meine Mama eines Abends zu mir. Wie sehr auch meine Eltern darunter leiden, war mir nicht immer bewusst. Vor allem nicht, dass ich meine Mama mit einem einfachen Lächeln glücklich machen kann. Letztes Jahr, um die Weihnachtszeit herum, sagte mein Papa zu mir: "Es tut so gut dich essen zu sehen, Ina." Durch scheinbar ganz einfache Dinge, kann man in einem anderen Menschen großes bewirken. Einfach frei heraus zu sagen, was man gerade fühlt, hilft allen dabei mit seinen Ängsten umzugehen. Reden räumt aber auch Missverständnisse aus dem Weg, die zweifellos überall auftauchen, wo Menschen kommunizieren. Vielleicht haben einige von Euch bei dem Lesen dieses Beitrages gedacht, dass ich eine Form der Essstörung habe. Das ist aber schlichtweg auch nur ein Missverständnis. Reden hat mich selbst befreit und meiner Familie die Chance gegeben, meine Last mitzutragen. Zusammen den Schmerz auszuhalten...
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