Es scheint aussichtslos
- Ina Luzia
- 13. Dez. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Feb. 2021
"Wir werden Sie mit dem heutigen Stand der Medizin nicht beschwerdefrei kriegen. Wenn wir es mit dem neuen Therapieversuch schaffen, dass es Ihnen nur noch an 2 bis 3 Tagen im Monat schlecht geht, sind Sie aus medizinischer Sicht für uns "geheilt". Wir haben alle diagnostischen Verfahren ausgeschöpft, sie bekommen bereits das Maximum an Medikation. Bei einem operativen Eingriff liegt die Chance auf Besserung bei 50 zu 50 und die Risiken können nicht genau abgeschätzt werden, da uns keine Studien darüber vorliegen. In Ihrem Alter ist ein Eingriff die aller letzte Option." Nicht genau mit diesen Worten, aber ungefähr so wurde mir mitgeteilt, dass ich vielleicht mein Leben lang gegen meine Erkrankung kämpfen muss und an meinen unsichtbaren Rollstuhl gefesselt bleibe. Schon komisch, was mir in diesem Moment durch den Kopf gegangen ist. Ich musste nicht daran denken, wie frustrierend das alles war. Es kamen mir noch nicht mal die Tränen, wie es eigentlich bei mir so üblich ist. Das einzige was ich dachte war: Endlich ist ein Arzt mal ehrlich zu mir und gibt mir eine realistische Prognose. Es ist natürlich noch nicht ganz Hopfen und Malz verloren. Vielleicht schlägt die neue Therapie sogar an oder es geschieht doch noch ein Wunder. Irgendwie bin ich erstmal total sachlich geblieben. Wie ein Theoretiker habe ich völlig emotionslos alles nochmal rekapituliert und überlegt, was das jetzt für mich und meinen Alltag bedeutet. Dann musste ich mir aber doch eingestehen, dass ich wahrscheinlich nie richtig gesund werde, dass mich meine Erkrankung mein Leben lang begleiten könnte. Ich dachte immer, dass das kämpfen, das stark bleiben und das durchhalten irgendwann vorbei sein würde. Aber ich muss wohl lernen damit umzugehen und mein Leben danach auszurichten. Eine Operation, wurde mir schon vor Jahren in einem anderen Krankenhaus vorgeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt war nicht einmal die Hälfte meiner Erkrankung diagnostiziert und es hörte sich nach einem lapidaren Eingriff an. Damals hätte ein solcher Eingriff alles nur verschlimmert. Und mit dem heutigen Wissensstand wäre es zu 100% der falsche Weg gewesen. Welche Operation ich nämlich wirklich brauchte, erfahrt Ihr später. Also an alle die meinen Blog lesen, holt Euch Zweit- und Drittmeinungen ein. Natürlich solltet Ihr nicht zu viele Ärzte in der Suppe rühren lassen, denn zu viele Köche verderben den Brei. Aber sucht so lange, bis Ihr einen Arzt gefunden habt, dem Ihr -im wahrsten Sinne des Wortes- Euer Leben anvertrauen könnt. Und fragt was das Zeug hält. Ich habe mit der Zeit gelernt, dass Ärzte oft nur das nötigste sagen. Das reicht aber nicht. Ich möchte alles verstehen und umfassend aufgeklärt werden. Vor allem möchte ich dadurch sicherstellen, dass sich wirklich Gedanken um meinen Fall gemacht wurde. Denn jeder Körper ist anders und braucht entsprechend unterschiedliche Hilfe. Am Ende des Telefonats, nachdem ich die Chefärztin mit meinen Fragen schon etwas auf die Palme gebracht hatte, sagte ich: "Ich hoffe, dass wir uns nie wieder sprechen müssen." Sie entgegnete: "Das hoffe ich auch für Sie." Bitte versteht das jetzt nicht falsch. Es war in keinster Weise böse gemeint. Wenn ich das Gesicht der Ärztin hätte sehen können, dann hätte ich wohl ein Schmunzeln entdeckt. Falls ich sie nämlich nicht mehr sprechen muss, dann war der Therapieversuch erfolgreich und ich habe einen Weg gefunden mit meiner Erkrankung zu leben. Nach dem Telefonat musste ich wegen dem neuen Therapieansatz einen Termin in einer anderen Abteilung der Klinik vereinbaren. Die Dame auf der anderen Seite des Hörers sagte: "Ja wir haben einen Termin für Sie, im Dezember." "Ich glaube nicht", erwiderte ich (es war Anfang November) und fragte freundlich, ob sie nach einem früheren Termin für mich schauen könnte. Sie legte den Hörer beiseite und bat mich um einen Moment Geduld. 3 Minuten später bekam ich einen Termin für die nächste Woche. Ich bin kein Privatpatient, falls Ihr das jetzt glauben solltet. Also auch für Terminvereinbarungen gilt, ruhig ein zweites oder drittes mal verständnisvoll nachfragen.
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