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Nicht gegen dich, sondern mit dir

Aktualisiert: 15. Juni 2023

Ich befinde mich immer noch, jetzt schon seit einem Monat, in einer Abwärts-Spirale. Wie es dazu gekommen ist? Vielleicht die Klausuren, die Ungewissheit über die Ergebnisse, die Planung des neuen Semesters oder die Angst vor Präsenzunterricht? Egal wie sehr ich versuche mir gut zuzureden und Argumente gegen jedes meiner unreellen Ängste zu finden, bei meinem Körper kommt die Botschaft nicht an. Gedanken, jetzt einfach aufzugeben, machen sich breit. Aber wie gibt man im Kampf gegen seinen eigenen Körper auf? Ich kann ihn ja nicht einfach verlassen, wie ein schlechtes Restaurant oder eine toxische Beziehung. Naja und dann wie aus dem Nichts wurde mir klar, dass ich meinen Blickwinkel ändern muss. Ich sollte nicht jeden Tag aufs Neue versuchen gegen meinen Körper anzukämpfen. Ich sollte mit ihm kämpfen. Vielleicht kann ich meinen Darm nicht als einen Feind, sondern als einen Freund betrachten. Als einen Freund, der es nicht einfach hat und dem ich helfen muss. Die Strategie mir gut zuzureden, scheint immer mit einem gewissen Druck verbunden zu sein. Ich glaube, dass ich meinem Darm damit indirekt und unentwegt sage, dass er jetzt endlich arbeiten soll. Dass ich alles nötige unternommen habe und dass andere das unter diesen Bedingungen auch schaffen. Aber sagen wir einem Kind mit nur einem Bein, dass es genauso weit springen soll wie alle anderen? Nein! Und hier liegt vielleicht das Problem. Dr. med. Pablo Hagemeyer schreibt in seinem Buch "Gestatten, ich bin ein Arschloch", man solle Emotionen spüren, aus der Distanz betrachten, benennen, im Körper wahrnehmen, nicht danach handeln, bis zehn zählen, abwarten und atmen. Mal kurz in mich hinein spüren: Vor meinem geistigen Auge erscheint zu aller erst die Wut. Wie ein feuerrotes Teufelchen, dem schon der Dampf aus den Ohren hinaus qualmt. Daneben gesellt sich die Trauer. Ein weinendes Engelchen, das sich kaum noch in der Luft halten kann. Seine Flügel kraftlos und schon grau gefärbt. Ich spüre diese Gefühle von Kopf bis Fuß und würde am liebsten mit voller Wucht in meinen Bauch schlagen. Doch stopp! Nicht danach handeln! Ich zähle bis zehn. Ich nehme einen tiefen Luftzug und lasse ihn aus meinem Mund wieder ausströmen. Und noch mal und noch mal und immer so weiter. Kann das der Schlüssel zur Lösung meines Problems sein? Desto länger ich darüber nachdenke, desto mehr hebt sich der Schleier. Ich muss zugeben, dass es mein Körper nicht leicht mit mir hat. Meine Psyche schreit bei dem kleinsten Anflug von Stress !hier! und setzt meinen Körper zu gleich ungeheurem Druck aus. Meine Psyche schreit, mein Körper schreit, ich schreie vor Schmerz. Wenn die Medizin nicht mehr weiter weiß, dann muss man sich eben selbst zu helfen wissen. Wenn gesunde Ernährung, viel Flüssigkeit, Bewegung, Massagen und Meditation nicht helfen, dann muss ich halt Plan F auspacken. Plan F sieht folgendes vor: Mein Bauchmonster ist nicht der Darm selbst und auch nicht der Pylorus. Es sitzt in meinem Körper und erschwert ihm die Arbeit. Ich kämpfe also nicht mehr gegen meinen Körper, sondern mit ihm gemeinsam. Ich behandle meinen Körper nicht mehr als einen Feind, sondern als einen Freund. Als meinen besten Freund, dem ich Mut zuspreche: "Du schaffst das, ich weiß dass du es kannst! Wenn es heute noch zu schwer ist, dann klappt es vielleicht morgen oder übermorgen. Keine Panik. Wir haben schon schlimmeres überlebt, wir sind Überlebenskünstler. Nichts und niemand kann uns von unserem Weg abbringen!" Ich male mir nun nicht mehr das wutentbrannte Teufelchen und das traurige Engelchen aus. Vor mir schwebt jetzt ein kleiner Athlet, der breit ist den Sieg zu holen und ein dicker Buddha, den nichts aus der Ruhe bringen kann.



 
 
 

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